Markiertheit

Markiertheit bezeichnet in der Sprachwissenschaft bei Lauten, Wörtern und in der Syntax das Vorhandensein eines Merkmals gegenüber seiner Abwesenheit. Demnach ist ein bestimmtes Phänomen unmarkiert, wenn es natürlicher wirkt und einfacher aufgebaut ist. Die unmarkierte Form wird dabei als Grundform gesehen, gegen die andere Formen in einem Kontrast stehen, indem sie spezialisierter sind und nur unter eingeschränkten Bedingungen auftreten und als markiert bezeichnet werden.

Der Begriff wurde zunächst von der Prager Schule in den 1920er Jahren entwickelt und bezog sich nur auf den Teilbereich der Phonologie. Nikolai Trubetzkoy, Mitglied der Prager Schule, unterschied 1931 die Bedeutungen „merkmaltragend“ gegenüber „merkmallos“ für die Glieder spezieller phonologischer Oppositionen.[1] So kann man stimmlose Verschlusslaute (/p, t, k/) als merkmallos/unmarkiert gegenüber /b, d, g/ ansehen, weil letztere das zusätzliche Merkmal [stimmhaft] besitzen. Roman Jakobson, ebenfalls Mitglied, übertrug 1932 die Bedeutung „merkmalhaltig“ gegenüber „merkmallos“ auf die Morphologie (Formenlehre) des Russischen.[2]

Eine solche Gegenüberstellung findet sich auch in anderen Bereichen der Linguistik; beispielsweise ließe sich die Bezeichnung auch auf den Kasus anwenden. Laut dem Sprachwissenschaftler Christian Lehmann wäre im Deutschen der Nominativ unmarkiert, während die anderen Kasus (Genitiv, Dativ und Akkusativ) markiert wären.[3]

  1. Nikolai S. Trubetzkoy: Die phonologischen Systeme. In: Travaux du Cercle Linguistique de Prague. Band 4, S. 96–116.
  2. Roman Osipovič Âkobson: Zur Struktur des russischen Verbums. Pražsky Linguist. Kroužek, Praha 1932.
  3. Christian Lehmann: Sprachtheorie: Markiertheit. 24. September 2009, abgerufen am 10. August 2020.

From Wikipedia, the free encyclopedia · View on Wikipedia

Developed by Nelliwinne