Zwei-Reiche-Lehre

Als Zwei-Reiche-Lehre wird eine lutherisch geprägte theologische Gesellschaftstheorie bezeichnet, die seit den 1950er Jahren schwerpunktmäßig in Deutschland Gegenstand innerkirchlicher Kontroversen war. Als Gegenmodell gilt das Konzept der Königsherrschaft Christi, welches aus der Tradition des reformierten Protestantismus stammt, von Karl Barth vertreten wurde, in die Barmer Theologische Erklärung Eingang fand (These 2) und dadurch eine weite Rezeption auch innerhalb des Luthertums erfuhr. Beide Modelle bieten eine Positionsbestimmung der Kirche in der modernen Gesellschaft. Die Leuenberger Konkordie (1973) bezeichnete die Zwei-Reiche-Lehre einerseits, die Lehre von der Königsherrschaft Christi andererseits als konfessionelle Differenz, die noch zu klären sei. Die EKD-Denkschrift Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie (1985) formulierte einen Konsens.[1]

Martin Luther selbst gebrauchte die Formulierung „Zwei-Reiche-Lehre“ nicht, sie wurde erst im 20. Jahrhundert für Luthers politische Ethik üblich. Da Luther politische Begriffe nicht eindeutig definierte, war in der Forschung lange Zeit strittig, wie weit der Dualismus der „Reiche“ auch die „Regimente“, also die tatsächlichen Machtfaktoren auf Erden, betrifft und mitbestimmt. So haben verschiedene Theologen bei Luther eine „Zwei-Regimente-Lehre“ alternativ oder zusätzlich zu den beiden „Reichen“ postuliert.

  1. Reiner AnselmZweireichelehre I. Kirchengeschichtlich. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 36, de Gruyter, Berlin / New York 2004, ISBN 3-11-017842-7, S. 776–784., hier S. 776–778. Vgl. Leuenberger Konkordie IV.2: „Es ist Aufgabe der Kirchen, an Lehrunterschieden, die in und zwischen den beteiligten Kirchen bestehen, ohne als kirchentrennend zu gelten, weiterzuarbeiten. Dazu gehören … Zwei-Reiche-Lehre und Lehre von der Königsherrschaft Jesu Christi.“ (online)

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