Byzantinische Marine

Flagge der byzantinischen Marine während der Palaiologen-Dynastie

Die Byzantinische Marine umfasste die Seestreitkräfte des Byzantinischen Reiches. Ebenso wie das Reich selbst stellten sie eine nahtlose Fortschreibung ihrer römischen Vorgänger dar, spielten jedoch eine weitaus größere Rolle für die Verteidigung und das Überleben des Reiches. Während die Flotten des klassischen römischen Imperiums nach dem Ende der Punischen Kriege kaum je größeren Bedrohungen zur See gegenüberstanden, hauptsächlich Polizeiaufgaben wahrnahmen und den Legionen des Landheeres an Stärke und Prestige stets nachstanden, war die Beherrschung der Meere eine Lebensfrage für Byzanz, das einige Historiker als „Seereich“ bezeichnet haben.[1]

Die erste Bedrohung der römischen Hegemonie seit der Seeschlacht von Actium tauchte in Form des Vandalenreiches im 5. Jahrhundert auf, bis sie durch den Eroberungsfeldzug Justinians I. im 6. Jahrhundert zusammen mit dem Vandalenreich ihr Ende fand. Die Neuaufstellung einer stehenden Marine und die Einführung des Galeerentyps der Dromone um dieselbe Zeit markiert den Übergang von der römischen zur byzantinischen Marine, die allmählich begann, ihre eigene Identität zu entwickeln. Mit dem Beginn der arabische Eroberung im 7. Jahrhundert im Übergang von der Spätantike ins Frühmittelalter nahm dieser Prozess seinen Fortgang. Mit dem Verlust der Levante und der nordafrikanischen Küste durch die arabische Eroberung wurde das Mittelmeer vom römischen See zum Kriegsschauplatz zwischen byzantinischen und arabischen Flotten. In dieser Auseinandersetzung erwies sich die Marine als überragend wichtiges Bindeglied zwischen den weit verstreuten Besitzungen des Reiches überall im Mittelmeerraum, aber auch als entscheidender Faktor bei der Abwehr von über See vorgetragenen Angriffen gegen Konstantinopel selbst. Mit der neuen Waffe des Griechischen Feuers konnte das Reich mehrere Belagerungen seiner Hauptstadt abschlagen und zahlreiche Seesiege erringen.

Anfangs oblag die Verteidigung der byzantinischen Küsten und der Seewege nach Konstantinopel der großen Flotte der Karabisianoi. Nach und nach ging sie jedoch auf mehrere regionale Themenflotten über, während in Konstantinopel selbst eine zentrale kaiserliche Flotte unterhalten wurde, welche die Stadt beschützte und bei größeren Unternehmungen zur See den Kern der Flotte bildete.[2] Bis zum 8. Jahrhundert gewann die wohlorganisierte und gut unterhaltene byzantinische Marine wieder die Oberhand im Mittelmeerraum. Zwar setzte sich der Seekrieg mit den muslimischen Flotten mit wechselndem Erfolg fort, doch bis zum 10. Jahrhundert gelang es den Byzantinern, im östlichen Mittelmeer erneut eine Vorherrschaft zur See zu errichten.

Karte des Oströmischen Reiches, die neben den Themengrenzen auch den Schauplatz historischer Ereignisse bis etwa 1018 zeigt.

Während des 11. Jahrhunderts begann die Marine, ebenso wie das Reich selbst, zu verfallen. Mit den neuen Bedrohungen aus dem lateinischen Westen waren die Byzantiner zunehmend genötigt, sich auf die Flotten der italienischen Stadtstaaten wie Venedig oder Genua zu verlassen, mit furchtbaren Auswirkungen auf die Souveränität und die Wirtschaft des Reiches. Eine Zeit der Konsolidierung unter der Komnenen-Dynastie war nur von kurzer Dauer, der ein erneuter Niedergang folgte, bis der Verfall bei der Zertrümmerung des Reiches in der Katastrophe des Vierten Kreuzzuges seinen Höhepunkt fand. Nach der Wiederherstellung des Reiches 1261 versuchten mehrere Kaiser der Palaiologen-Dynastie eine Wiederbelebung der Marine, ihre Bemühungen hatten jedoch nur kurzzeitig Erfolg. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts sank die byzantinische Marine, die einst Hunderte von Kriegsschiffen bereitstellen konnte, auf bestenfalls ein paar Dutzend Schiffe herab,[3] und die Kontrolle der Ägäis fiel endgültig in die Hände der italienischen und osmanischen Flotten.[2] Trotzdem blieben die byzantinischen Seestreitkräfte bis zum Ende des Reiches 1453 im aktiven Dienst.

  1. Archibald Ross Lewis, Timothy J. Runyan: European Naval and Maritime History, 300–1500. Indiana University Press, 1985, ISBN 0-253-20573-5, S. 20. Michael P. Scafuri, Byzantine Naval Power and Trade: The Collapse of the Western Frontier. Texas A & M University, 2002, S. 1
  2. a b Alexander Kazhdan (Hrsg.): Oxford Dictionary of Byzantium. Oxford University Press, 1991, ISBN 978-0-19-504652-6, S. 1441
  3. Ian Heath: Armies of the Middle Ages. Volume 2: The Ottoman Empire, Eastern Europe and the Near East, 1300–1500. Wargames Research Group, 1984, S. 17

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