Fundamentalsatz der Algebra

Der (Gauß-d’Alembertsche) Fundamentalsatz der Algebra besagt, dass jedes nicht konstante Polynom im Bereich der komplexen Zahlen mindestens eine Nullstelle besitzt. Dabei können die Koeffizienten des Polynoms beliebige komplexe Zahlen sein – insbesondere sind Polynome mit ganzen oder reellen Koeffizienten mit eingeschlossen.

Wendet man den Satz zum Beispiel auf das Polynom an, so folgt, dass die im Bereich der reellen Zahlen unlösbare Gleichung im Bereich der komplexen Zahlen mindestens eine Lösung besitzen muss.

Der Fundamentalsatz der Algebra sagt, dass die komplexen Zahlen algebraisch abgeschlossen sind oder – äquivalent – dass die reellen Zahlen reell abgeschlossen sind.

Die Namensgebung wurzelt in einem traditionellen Verständnis der Algebra als der Lehre von Gleichungen höheren Grades mittels „Buchstabenrechnen“.[1][2]

  1. So schreibt Heinrich Weber 1895 im Vorwort seines – zunächst auf nur zwei Bände angelegten – Lehrbuchs der Algebra PDF bei resolver.sub.uni-goettingen.de: „Der grosse Stoff ist in zwei Bände vertheilt. Der erste Band enthält den elementaren Theil der Algebra, den man mit einem hergebrachten Ausdruck als Buchstabenrechnung bezeichnen kann, sodann Vorschriften über die numerische Berechnung der Gleichungswurzeln und die Anfänge der Galois'schen Theorie.“ So betrachtet Weber denn auch zu Beginn seines Lehrwerks, die Grundlagen (Erstes Buch) legend, im Ersten Abschnitt die Rationalen Functionen bringt in § 38 (des Dritten Abschnittes. Die Wurzeln) einen rein analytischen Beweis des Fundamentalsatzes, der dem hier gegebenen im Wesentlichen gleichkommt; der Achte Abschnitt (Der Sturm'sche Lehrsatz) des Zweiten Buches (Die Wurzeln) dieses ersten Bandes, gipfelt in § 98. Gauss' erster Beweis des Fundamentalsatzes des Algebra mit Hilfe des Sturmschen Satzes. Dennoch ist bei Weber der Wandel des Verständnisses der Algebra deutlich spürbar, da er dem eben gebrachten Zitat aus dem Vorwort (S. v) folgende Sätze vorausschickt: „Zwei Dinge sind es, die für die neueste Entwickelung der Algebra ganz besonders von Bedeutung sind, das ist auf der einen Seite die immer mehr zur Herrschaft gelangende Gruppentheorie, deren ordnender und klärender Einfluss überall zu spüren ist, und sodann das Eingreifen der Zahlentheorie. Wenn auch die Algebra zum Theil über die Zahlentheorie hinausgeht, und in andere Gebiete, z. B. die Functionentheorie oder in ihren Anwendungen auch in die Geometrie hinüber greift, so ist doch die Zahlenlehre immer das vorzüglichste Beispiel für alle algebraischen Betrachtungen, und die Fragen der Zahlentheorie, die heute im Vordergrund des Interesses stehen, sind vorwiegend algebraischer Natur. Hierdurch war der Weg bezeichnet, den ich in meiner Arbeit zu gehen hatte.“ Bartel Leendert van der Waerden hingegen lässt sein einflussreiches Lehrbuch der „[Modernen] Algebra“ (Algebra I, 8. Auflage, 1971, siehe Literatur und Artikel zur Modernen Algebra) bereits – nach einem kurzen Kapitel über „Zahlen und Mengen“ – mit Betrachtungen zur Gruppentheorie beginnen. In § 80 (S. 252) lässt er deutlich anklingen, dass er den Namen „Fundamentalsatz der Lehre von den komplexen Zahlen“ treffender fände: „Der ‚Fundamentalsatz der Algebra‘, besser Fundamentalsatz der Lehre von den komplexen Zahlen, besagt […]“ Die erste Auflage dieses Buches erschien bereits 1930 – 22 Jahre nach Heinrich Webers drittem Band zur Algebra –, damals noch unter dem Titel Moderne Algebra. Nach eigenem Bekunden im Vorwort zur vierten Auflage entsprach van der Waerden dem Ratschlag einer Buchbesprechung Heinrich Brandts im Jahresbericht der DMV (1952, Band 55, siehe PDF bei gdz.sub.uni-goettingen.de oder PDF bei resolver.sub.uni-goettingen.de, PDF-Seite 178) und nannte sein zweibändiges Lehrwerk ab der vierten Auflage des ersten Bandes (1955) schlicht Algebra. Zur Vertiefung dieser geschichtlichen Aspekte sei auf die Artikel Moderne Algebra und Algebra verwiesen.
  2. Wolfgang Krull beginnt sein Lehrbuch von 1953 mit den Worten: Die Algebra wird beherrscht von den vier Grundrechenarten Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division. Der Leser geht am besten mit diesen Rechnungsarten zunächst so um, wie er es vom elementaren Buchstabenrechnen her gewohnt ist. Er beschließt es mit einem Anhang über den Fundamentalsatz der Algebra. Siehe Wolfgang Krull: Elementare und klassische Algebra vom modernen Standpunkt (= Sammlung Goeschen. Band 930). Walter de Gruyter, Berlin 1952 (136 S.).

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