Menschenhandel

Menschenhandel bedeutet, sich einer anderen Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder Hilflosigkeit zu bemächtigen, um sie zu bestimmten Zwecken auszubeuten, etwa zur Zwangsprostitution oder zu anderen erzwungenen Tätigkeiten.

Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bezeichnete der Begriff den Handel mit Sklaven.[1] Mit Abschaffung der Sklaverei, gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen infolge der Urbanisierung und vor allem mit der Entwicklung der Dampfschifffahrt breitete sich ab dieser Zeit der schon immer in verschiedensten Formen bestehende Frauenhandel international und interkontinental aus. Anfangs noch als Begleiterscheinung der Prostitution betrachtet, wurden ab Anfang des 19. Jahrhunderts mehrere internationale Abkommen dagegen verabschiedet, die neben Frauen- und Mädchenhandel teilweise bereits den Begriff des Menschenhandels thematisierten. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts folgten weitere Abkommen, in denen der Begriff expliziter hervorgehoben wurde.

Obwohl das Phänomen anfangs synonym als „weiße“ und später als „moderne Sklaverei“ (vor allem vom US-amerikanischen Soziologen Kevin Bales)[2] bezeichnet wurde, grenzte die EU-Grundrechte-Charta aus dem Jahr 2000 Sklaverei zusammen mit Leibeigenschaft sowie illegaler Zwangs- und Pflichtarbeit explizit vom Menschenhandel ab. Da der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien bereits zwei Jahre später alle vier Begriffe als Weiterentwicklung des traditionellen Sklaverei-Konzepts bezeichnete, können die Übergänge zwischen den Begriffen als fließend betrachtet werden. Menschenhandel ist von Menschenschmuggel zu unterscheiden, da es sich bei Menschenschmuggel lediglich um die Unterstützung bei der Überschreitung von Grenzen handelt.[3]

Menschenhandel gehört inzwischen zu den Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität. Es handelt sich um ein globales Phänomen im Spannungsfeld zwischen strafrechtlicher Verbrechensbekämpfung, Migrationspolitik und Menschenrechtsverletzung.

Verlässliche Zahlen zum Ausmaß des nationalen und internationalen Menschenhandels gibt es wegen der vielfältigen Erscheinungsformen, unterschiedlicher Erhebungsmethoden und eines großen Dunkelfelds nicht.[4] Ein UN-Bericht von 2014 dokumentiert weltweit 40.177 Beispiele aus 152 Ländern.[5] Danach ist ein Drittel der Opfer von Menschenhandel minderjährig. Die Opfer stammen vor allem aus Afrika, Süd- und Ostasien sowie Osteuropa und werden nach Westeuropa, Nordamerika und auf die Arabische Halbinsel geschleust, 70 % Prozent der Opfer sind Frauen, die wenigsten Täter werden verurteilt.[6]

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt für das Jahr 2012 die Anzahl der Menschen in Zwangsarbeit auf weltweit über 20 Millionen.[7]

  1. Sklaverei in: Brockhaus Konversationslexikon, F. A. Brockhaus, Leipzig/Berlin/Wien, 14. Auflage, 1894–1896, S. 1024, Digitalisat.
  2. Die neue Sklaverei („Disposable People. New Slavery in the Global Economy“). Kunstmann Verlag, München 2001, ISBN 3-88897-264-7 (übersetzt von Inge Leipold).
  3. Menschenhandel und Menschenschmuggel menschenhandel heute, abgerufen am 16. Juli 2017.
  4. Deutsches Institut für Menschenrechte: Wie viele Menschen sind in Deutschland von Menschenhandel betroffen? abgerufen am 9. Juli 2017.
  5. UNODC: Global Report on Trafficking in Persons 2014 New York, 2014.
  6. Robert Gast: UN-Bericht zum Menschenhandel: Das Leid von 40 000 Sklaven Süddeutsche Zeitung, 24. November 2014.
  7. ILO 2012 Global estimate of forced labour. Executive summary

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