Mutation

Rote Tulpe mit halbem gelben Blütenblatt aufgrund einer Mutation
Die rötliche Blattfarbe der Blutbuche (oben) entstand durch eine Mutation bei einer Rotbuche (unten).
Mutation einer Hummel-Ragwurz mit Doppelblüte im Naturschutzgebiet Langheck bei Nittel
Blaue Mutante des in der Wildform grünen Halsbandsittichs (Psittacula krameri)

Als Mutation (von lateinisch mutatio, von mutare „ändern/verändern, verwandeln“) wird in der Biologie eine spontan auftretende, dauerhafte Veränderung des Erbgutes bezeichnet.[1] Die zuerst von Hugo de Vries und Thomas Hunt Morgan als „Mutation“ bezeichnete[2] Veränderung betrifft zunächst das Erbgut nur einer Zelle, wird aber an deren Tochterzellen weitergegeben.[3] Bei mehrzelligen Tieren unterscheidet man Keimbahn-Mutationen, die durch Vererbung an die Nachkommen weitergegeben werden können, von Mutationen in somatischen Zellen, die nicht in den Keimzellen (Gameten), sondern nur in den übrigen Geweben des Körpers vorliegen. Ein Organismus mit einem neuen, durch Mutation entstandenen Merkmal wird als Mutant, das neue Merkmal als Mutante bezeichnet.

Eine Mutation kann Auswirkungen auf die Merkmale eines Organismus haben oder auch nicht (stille Mutation). Abweichende Merkmalsausprägungen können negative, positive oder auch gar keine Folgen hinsichtlich der Lebensfähigkeit und/oder des Fortpflanzungsvermögens haben. Prägt sich eine Mutation als deutlich unterschiedener Phänotyp aus, der in einer Population zu einem gewissen Anteil (über 1 %) stabil erhalten bleibt, spricht man in der Biologie auch von Polymorphismus.[4] Polymorphismus ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entstehung neuer Arten (Biodiversität).

Manchmal wird das unerwartete phänotypische Auftreten sehr seltener rezessiver Erbanlagen, die von unauffälligen mischerbigen (heterozygoten) Vorfahren (als Konduktoren) an den gemeinsamen Nachkommen vererbt wurden, fälschlich für eine Mutation gehalten.

Echte Mutationen können spontan (stochastisch) auftreten oder durch äußere Einflüsse verursacht werden, wie beispielsweise mutagene Strahlung (z. B. UV-Strahlung oder ionisierende Strahlung) oder erbgutverändernde Chemikalien (Mutagene).[5][6]

In der klassischen Zytogenetik werden Mutationen nach ihrem Umfang eingeteilt: Genommutationen sind Veränderungen der Anzahl der Chromosomen, Chromosomenmutationen sind Veränderungen der Chromosomenstruktur, die bei Chromosomenpräparaten lichtmikroskopisch erkennbar sind. Genmutationen sind dagegen an solchen Präparaten mikroskopisch nicht erkennbar und können nur durch DNA-Analyse festgestellt werden.[7][8] Eine Genmutation kann darin bestehen, dass neue Nukleotidsequenzen entstehen oder dass zuvor vorhandene Erbinformation verloren geht oder beides.

Mutationen in Genen, deren Genprodukte für die Aufrechterhaltung einer intakten DNA erforderlich sind, zum Beispiel Tumorsuppressorgene, können weitere Mutationen nach sich ziehen (Mutatorphänotyp).

Der Begriff der Mutation wurde von dem Botaniker Hugo de Vries, der auch die Lehre von den Mutationen begründete,[9] 1901 geprägt.[10]

  1. Herder Lexikon der Biologie 2004: Mutation w [von latein. mutatio = Veränderung; Verb mutieren], spontane, d. h. natürlich verursachte, oder durch Mutagene induzierte Veränderung des Erbguts (Veränderung der Basensequenz), die sich möglicherweise phänotypisch (Phänotyp; z. B. in Form einer „Degeneration“) manifestiert.
  2. Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 28–30 (Anfänge der Genetik).
  3. Rolf Knippers: Molekulare Genetik. Thieme, 1997, ISBN 3-13-477007-5: Mutationen sind vererbbare Veränderungen der genetischen Informationen.
  4. Douglas J. Futuyma: Evolutionsbiologie. Birkhäuser, Basel/ Boston/ Berlin 1990, S. 105.
  5. W. Seyffert: Genetik. 2. Auflage. Spektrum, 2003, ISBN 3-8274-1022-3
  6. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch (online), abgerufen am 30. September 2009: Definition 1.(genet.): Veränderung des genetischen Materials (DNA oder RNA), die ohne erkennbare äußere Ursache (Spontanmutation) oder durch exogene Einflüsse (induzierte M.) entstehen kann;…
  7. Werner Buselmaier, Gholamali Tariverdian: Humangenetik. Begleittext zum Gegenstandskatalog. Springer Verlag Berlin/ Heidelberg/ New York 1991, ISBN 3-540-54095-4.
  8. William Hovanitz: Textbook of Genetics. Elsevier Press, Houston/ New York 1953, S. 190.„(…) if a change in structure (of chromosomes) is large enough to be visible in cytological preparations it is considered a chromosomal mutation. If it is too small to be readily observed, is known only from the genetic results of segregation and can be localized on a chromosome, it is known as a gene mutation. There is no sharp dividing line between gene mutations and chromosomal mutations. Eventually all gene mutations in their ultra-fine structure will be found to be structural, if only in the molecular arrangement of which the gene is composed.“
  9. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 54.
  10. Bernhard Kegel: Epigenetik. Köln 2010, S. 35.

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