Reichstag zu Augsburg (1530)

Einzug des Kaisers in Augsburg. Die Reiter, von links: Erzherzog Ferdinand, Karl V., Pfalzgraf Friedrich, Legat Campeggi (Jörg Breu der Ältere 1530, Herzog Anton Ulrich Museum)

Der Augsburger Reichstag von 1530 war ein Reichstag des Heiligen Römischen Reiches während der Regierungszeit des Kaisers Karl V. aus dem Hause Habsburg. Er fand vom 20. Juni bis zum 19. November 1530 in Augsburg statt. Der Kaiser kehrte nach mehrjähriger Abwesenheit in die Reichspolitik zurück. Damit endete die Regierungsverantwortung des Reichsregiments, das in eine Beraterrolle zurücktrat. Karls jüngerer Bruder, Erzherzog Ferdinand, war im Krieg mit dem Osmanischen Reich auf die Unterstützung der Reichsstände mit Truppen und Geld angewiesen (Reichstürkenhilfe). Große Reformvorhaben standen seit Jahren an, die der Augsburger Reichstag voranbringen sollte, etwa im Bereich des Strafrechts.

Karl V. erhielt am Rande des Reichstags die Stimmen der fünf altgläubigen Kurfürsten für die Wahl Ferdinands zum römischen König, die dann 1531 in Köln erfolgte. Der Bruder war damit als künftiger Kaiser vorgesehen. Das war ein Erfolg der kaiserlichen Familienpolitik. Die Kehrseite war ein Erstarken der fürstlichen Opposition gegen Habsburg, die besonders von Bayern und Hessen getragen wurde. Auf dem Reichstag von 1530 traten die Widerstandskräfte, an denen Karls Universalmonarchie scheiterte, erstmals deutlich hervor.

In Augsburg dominierte der Religionskonflikt die Beratungen: Die Minderheit der Parteigänger Martin Luthers und die Mehrheit der altgläubigen Reichsstände loteten Möglichkeiten eines Kompromisses in Fragen von Glauben und kirchlicher Praxis aus. Karl V. gab dabei seine ursprünglich beabsichtigte Schiedsrichterrolle auf und trat als Repräsentant der altgläubigen Ständemehrheit auf.

Der Reichstag war eine auf Konsens ausgerichtete Veranstaltung, deren Abläufe durch den Dissens zwischen Alt- und Neugläubigen beeinträchtigt wurden. Karl V. nutzte festliche Inszenierungen wie Prozessionen und Belehnungen, um Druck auf die protestantischen Fürsten auszuüben. Diese reisten vorzeitig ab. Damit entzogen sie sich dem Abschlussritual des Reichstags und verweigerten sich sämtlichen Beschlüssen. Der Kaiser setzte ihnen eine mehrmonatige Frist zur Annahme des Reichsabschieds. Der sächsische Kurfürst, mehrere Reichsfürsten und Reichsstädte schlossen sich daraufhin zu einem Defensivbündnis (Schmalkaldischer Bund) zusammen. Dies war eine neuartige Kooperation zwischen Partnern, die weder dynastische noch wirtschaftliche Interessen teilten, aufgrund einer Ideologie. Die Schmalkaldischen Bundesverwandten verpflichteten sich nämlich auf die Confessio Augustana, eine evangelische Bekenntnisschrift, die auf dem Augsburger Reichstag dem Kaiser übergeben worden war.

Der Augsburger Reichstag, der sich mit vielen Themen befasste, wurde hauptsächlich in seiner Bedeutung für die Reformationsgeschichte untersucht. Die Verlesung und Übergabe der Confessio Augustana wurden Teil der protestantischen Erinnerungskultur. Abgesehen von der Religionsfrage ist der Reichstag aber auch verfassungsgeschichtlich ein Wendepunkt, weil Ferdinands Königtum an die Stelle des Reichsregiments trat.


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