Schmied in der Kultur

Schmied in der Kultur umfasst die herausgehobene gesellschaftliche Stellung und kulturgeschichtliche Bedeutung, die dem Schmied jenseits seiner Tätigkeit als Handwerker seit alter Zeit in Asien, Afrika und Europa zukommt. In ugaritischen und phönizischen Texten ist von göttlichen Schmieden die Rede; im Alten Testament stehen der erste Schmied Tubal-Kain, sein Bruder Jubal als Erfinder der Musikinstrumente und der weitere Bruder Jabal als Stammvater der Nomaden am Beginn einer die Kulturen des Orients prägenden mythischen und – etwa bei den zu den nahöstlichen Beduinen gehörenden Solubba – realen Dreierverbindung. Der mit der Leier kinnor musizierende König David wird in der Bibel auch als Schmied vorgestellt und in dieser Funktion vom Koran übernommen. Die Zusammengehörigkeit von Schmiedehandwerk und Musik durchzieht viele Mythen und Bräuche des Orients und Afrikas.

Im antiken Griechenland wurde Hephaistos als Gott des Feuers und als Kulturbringer verehrt und die Legende von Pythagoras in der Schmiede gibt eine bis ins Mittelalter vielfach wiederholte, aber nur scheinbar rationale Erklärung zur Einführung der Musiktheorie. Schmiede kommen als Erfinder des Ackerbaus und ähnlich wie Schamanen, Heilkundige und Magier als „Repräsentanten des Sakralen“[1] vor. Ein ambivalentes und stets distanziertes Verhältnis der Mehrheitsgesellschaft zur Gruppe der Schmiede macht diese entsprechend der Doppelbedeutung des lateinischen Wortes sacer („heilig, geweiht“ und „verflucht“) zu einer unreinen und verachteten Handwerkerkaste, in manchen Regionen Afrikas hingegen zu einer dem sakralen Königtum gleichgestellten Gesellschaftsschicht, der mit Achtung begegnet wird.

In den germanischen Schöpfungsgeschichten richten die Götter bereits vor Erschaffung der Menschen Schmieden ein, um Werkzeuge herzustellen. Die Bezeichnung „Schmied“ ist von altnordisch smiðr abgeleitet, worunter jemand verstanden wurde, der (kostbare) Gegenstände erschuf. Das Verb að smíða („schmieden“) wurde in den frühen germanischen Schriften gleichbedeutend mit að skapa („[er]schaffen“) verwendet, damit entsprachen sich „Schmied“ und „Schöpfer“. Unter den Märchen von Zwergen heben sich solche von unsichtbaren, schmiedenden Zwergen ab, deren Hämmern in Berghöhlen zu hören sein soll. Der Schmied schließt in manchen abergläubischen Vorstellungen mit dem Teufel einen Bund. Wo noch traditionelles Schmiedehandwerk vorkommt, ist häufig die Beachtung gewisser Bräuche und Meidungsgebote verpflichtend.

Für den kulturgeschichtlichen Themenkomplex des Schmiedes lassen sich zwei assoziative Stränge herausarbeiten: 1) Schmied – Feuer und Hitze – Gewitter, Regen und Fruchtbarkeit – fußlahme Gottheiten – Opfer. 2) Schmied – magische Kräfte – Verbindung zur jenseitigen Welt – Initiationsritual. Beide Stränge sind durch das Streben nach Erlösung und Heilung miteinander verbunden.

Die Nymphe Thetis bittet Hephaistos, für den Helden Achilleus eine Rüstung zu schmieden. Gemälde von Johann Heinrich Füssli, 1803.
  1. Mircea Eliade: Schmiede und Alchemisten. Ernst Klett, Stuttgart 1956, S. 93

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