Ustascha

Emblem der Ustascha: Der Großbuchstabe U für Ustaša, darin eine Granate mit kroatischem Wappenschild in der vom Ustaša-Staat verwendeten Fassung mit dem ersten Feld in weiß.[1]
Ustascha-Milizionär (Oktober 1942). Die Kragenspiegel weisen ihn als Angehörigen der Leibgarde des Staatsführers Ante Pavelić aus. Der Uniformrock aus italienischer Produktion legt nahe, dass er Pavelić bereits bei dessen Rückkehr aus dem italienischen Exil begleitete.

Die Ustascha (kroatisch Ustaša, Plural Ustaše, vollständig Ustaša – Hrvatska revolucionarna organizacija, kurz UHRO; deutsch Der Aufständische – Kroatische revolutionäre Organisation) war ein von Ante Pavelić im Jahr 1930[2] im Königreich Italien gegründeter und von ihm geführter kroatischer ultranationalistisch-terroristischer Geheimbund, der sich zu einer faschistischen Bewegung entwickelte.[3] Der Name Ustaša, „Aufständischer“ für das einzelne Mitglied wie für die gesamte Organisation wurde in Erinnerung an die aufständischen Soldaten gewählt, die 1871 im bewaffneten Aufstand von Rakovica unter Eugen Kvaternik für ein von Österreich-Ungarn unabhängiges Kroatien kämpften.[4]

Die Ustascha wurde als Reaktion auf die Proklamation der Königsdiktatur durch den jugoslawischen König Alexander I. gegründet. Ihre Struktur und Rituale waren zunächst vergleichbar mit denen anderer national-terroristischer Geheimbünde auf dem Balkan, wie der Schwarzen Hand oder der IMRO, und auf den bewaffneten Kampf für einen unabhängigen großkroatischen Staat ausgerichtet. Bis 1941 betrug die Zahl der formell aufgenommenen Ustaschen, die sich aus Studenten, Professoren, Schriftstellern, Juristen, ehemaligen k. u. k. Offizieren, Mitgliedern katholischer Vereinigungen und Angehörigen sozialer Randgruppen rekrutierten, vermutlich nie mehr als 3000 bis 4000 Personen in der Heimat und im Exil.[5] Mark Biondich schreibt von maximal 10.000 Mitgliedern für das Jahr 1941.[6]

Die Stützpunkte und Ausbildungslager der Ustascha, in denen zuletzt bis zu 300 Personen untergebracht waren, befanden sich vor allem in den Königreichen Ungarn und Italien, bis die Ustascha im April 1941 durch Unterstützung der Achsenmächte unerwartet die Macht in einem neugegründeten Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) übernehmen konnte. Sie errichtete eine totalitäre Diktatur im Wesentlichen auf dem Gebiet des heutigen Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina, die für den Genozid an verschiedenen ethnischen Gruppen, besonders an Serben, Juden und Roma, und die Ermordung zahlreicher politischer Oppositioneller verantwortlich war.

Das Verhältnis der katholischen Kirche zur Ustascha war ambivalent. Viele katholische Geistliche sympathisierten mit der Idee eines kroatischen Staates. Die nationalistisch eingestellten Kleriker kooperierten mit der Ustascha, waren jedoch die Minderheit, und einige Geistliche protestierten gegen deren Verbrechen.[7][8][9] Aufgrund der Beteiligung von Vertretern des katholischen Klerus bei Aufbau, Organisation und Führung des faschistischen Ustascha-Regimes wird die Ustascha-Diktatur von einigen Historikern dem Klerikalfaschismus zugeordnet.[10]

  1. Historische Hintergründe und Ursachen des Kroatienkrieges 1991 – 1995. Nationalismus, ethnischer Konflikt und nationale (Des-)Integrationsprozesse. Boris Katić, Wien 2012, S. 85.
  2. Bei der verbreiteten Behauptung, die Gründung sei am 10. Januar 1929 erfolgt, handelt es sich um eine Propagandalüge der Ustascha. Siehe Fikreta Jelić-Butić: Prilog proučavanju djelatnosti ustaša do 1941. In: Časopis za suvremenu povijest. Band 1, Nr. 1–2, 1969, S. 55–90, hier 61 (kroatisch, srce.hr).
  3. Ante Pavelić: Eingabe an den Staatsanwalt beim Appellationsgericht in Aix-en-Provence. In: Volk und Reich. Heft 2 (Februar). Volk und Reich, Berlin 1936, S. 160.
  4. Branimir Jelić: Političke uspomene i rad dra Branimir Jelića [Die politischen Erinnerungen und die Arbeit Dr. Branimir Jelićs]. Hrsg.: Jere Jareb, M. Šamija. Cleveland 1982.
  5. Holm Sundhaussen: Ustaše. In: Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2004, S. 719.
  6. Mark Biondich: Religion and Nation in Wartime Croatia : Reflections on the Ustaša Policy of Forced Religious Conversions, 1941–1942. In: The Slavonic and East European Revue. Jg. 83, Nr. 1, 2005, S. 79.
  7. Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert. C.H.Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60645-8, S. 160.
  8. Sabrina P. Ramet: The three Yugoslavias: state-building and legitimation, 1918–2005. Indiana Univ Press, 2006, ISBN 0-253-34656-8, S. 123.
  9. Michael Phayer: The Catholic Church and the Holocaust, 1930–1965. Indiana University Press, Bloomington 2000, S. 35 ff.
  10. Ewa Kobylińska: Religion und Kirche in der modernen Gesellschaft. Polnische und deutsche Erfahrungen. Otto Harrassowitz, 1994, S. 52 sowie Lutz Raphael: Imperiale Gewalt und mobilisierte Nation. Europa 1914–1945. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-62353-0, S. 256.

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