Deutsche Demokratische Republik

Deutsche Demokratische Republik
1949–1990
Flagge Wappen
Amtssprache Deutsch
Sorbisch (in Teilen der Bezirke Dresden und Cottbus)
Hauptstadt Berlin (Ost-Berlin)
Staats- und Regierungsform realsozialistische Republik mit Einparteiendiktatur[1][2] und Blockparteien (Demokratischer Block/Nationale Front)
Verfassung Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik
Staatsoberhaupt Präsident der DDR
Wilhelm Pieck (SED, 1949–1960)

Vorsitzender des Staatsrates[3]
Walter Ulbricht (SED, 1960–1973)
Willi Stoph (SED, 1973–1976)
Erich Honecker (SED, 1976–1989)
Egon Krenz (SED, 1989)
Manfred Gerlach (LDPD, 1989–1990)

Präsidentin der Volkskammer (i. V.)[4]
Sabine Bergmann-Pohl (CDU, 1990)
Regierungschef Ministerpräsident der DDR
Otto Grotewohl (SED, 1949–1964)

Vorsitzender des Ministerrates
Willi Stoph (SED, 1964–1973)
Horst Sindermann (SED, 1973–1976)
Willi Stoph (SED, 1976–1989)
Hans Modrow (SED/PDS, 1989–1990)

Ministerpräsident der DDR
Lothar de Maizière (CDU, 1990)
Parlament(e) Volkskammer, bis 1958 auch Länderkammer der DDR
Fläche 108.179 km²
Einwohnerzahl 16,434 Millionen (1989)[5]
Bevölkerungsdichte 152 Einwohner pro km²
Währung 1949 Deutsche Mark (DM),
1964 umbenannt in Mark der Deutschen Notenbank (MDN),
1967 umbenannt in Mark der DDR (M).
1990 ersetzt durch die Deutsche Mark (DM) infolge der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion.
Errichtung 7. Oktober 1949
Endpunkt 3. Oktober 1990[6][7]
(deutsche Wiedervereinigung)
Abgelöst von Deutschland Bundesrepublik Deutschland
National­hymne Auferstanden aus Ruinen
Zeitzone UTC+1 MEZ
UTC+2 MESZ (März bis September)
Kfz-Kennzeichen bis Ende 1973: D, danach: DDR
ISO 3166 DD, DDR, 278
Internet-TLD .dd (vorgesehen, niemals zugewiesen/delegiert)
Telefonvorwahl +37 (nicht mehr gültig; +37x an mehrere Staaten neu vergeben)

Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) war der östliche, realsozialistische der beiden nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen deutschen Staaten, der vom 7. Oktober 1949 bis zur Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 bestand. Die DDR ging aus der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) hervor, die infolge der Besetzung und Teilung Deutschlands nach 1945 zustande gekommen war. Auf Betreiben der sowjetischen Militärregierung errichtete die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ein diktatorisches Regime, das bis zur friedlichen Revolution im Herbst 1989 existierte. Während der vier Jahrzehnte ihres Bestehens blieben die DDR und ihre Staatsführung, wie die anderen realsozialistischen Ostblockländer, weitgehend von der Sowjetunion abhängig.

Offizielle Staatsideologie war der Marxismus-Leninismus. In der zeitgeschichtlichen Forschung wird das Herrschaftssystem in der DDR mal als realsozialistisch,[8] mal als kommunistisch[9] bezeichnet. Die Machthaber nannten die DDR einen „sozialistischen Staat der Arbeiter und Bauern“ und deutschen „Friedensstaat“[10] und behaupteten, die DDR habe die Wurzeln für Krieg und Faschismus beseitigt. Antifaschismus wurde zu einer Staatsdoktrin der DDR.

Die herrschenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse stießen teils auf Ablehnung, doch nur selten auf aktiven Widerstand in der Bevölkerung. Unverkennbar war dieser aber in der Frühphase beim Volksaufstand des 17. Juni 1953, der von sowjetischen Truppen niedergeschlagen wurde. Deutliche Ablehnung signalisierte auch die den Staat in seiner Existenz bedrohende Abwanderungsbewegung, die durch den Bau der Berliner Mauer 1961 drastisch eingedämmt wurde. Das Ministerium für Staatssicherheit (kurz MfS oder umgangssprachlich „Stasi“) wurde ausgebaut zu einem die ganze Gesellschaft durchdringenden Organ der Überwachung und gezielten Zersetzung oppositioneller Aktivitäten und Gruppierungen. Das staatliche Erziehungs- und Bildungswesen war vom Kindergarten bis zur Universität auf die „Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit“ gemäß der Ideologie des Marxismus-Leninismus ausgerichtet. Dem SED-Führungsanspruch waren Blockparteien und Massenorganisationen in der DDR unterworfen, nicht nur bei den über eine Einheitsliste abgehaltenen Volkskammerwahlen, sondern auch durch ein ausgedehntes Kontrollsystem bei der Besetzung von Leitungspositionen aller Art im Rahmen der Kaderpolitik.

Das undemokratische politische System und wirtschaftliche Schwächen führten zu einer zunehmend regimekritischen Einstellung der Bevölkerung, besonders seit der ersten Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1973). Mit dieser Konferenz wurden Anträge auf Ausreise möglich, gegen welche der Staat trotz vielfältiger Schikanen im weiteren Verlauf nicht ankam.[11] In der Endphase intensivierte die Weigerung Erich Honeckers, den von Michail Gorbatschow in der Sowjetunion angestoßenen Reformprozess auch in der DDR wirksam werden zu lassen, sowohl das Ausreisebedürfnis als auch die Protestbereitschaft. Auch innerhalb der Machtstrukturen der DDR schwand der Rückhalt für das System, die 1989 offen ausbrechenden friedlichen Proteste vieler Bürger wurden nicht mehr niedergeschlagen. Diese Proteste und eine Ausreisewelle über Ungarn und die Tschechoslowakei waren wesentliche Bestandteile der Wende und friedlichen Revolution in der DDR, die im unerwarteten Fall der Mauer am 9. November 1989 gipfelte und letztendlich dem Ende der DDR und der deutschen Wiedervereinigung den Weg bereitete.

  1. Karl Ebert: Herrschaftsformen im 20. Jahrhundert, in: Politik: Lehrtexte und Arbeitsmaterialien, Springer, 2013, ISBN 978-3-322-89235-5, S. 236. Ab 1968 führte sie die Selbstbezeichnung „sozialistischer Staat“ (Verfassung der DDR vom 9. April 1968, Art. 1); zur Erklärung des Begriffs siehe Wörterbuch zum sozialistischen Staat, hrsg. von der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften der DDR und dem Institut für Staats- und Rechtstheorie an der Akademie der Wissenschaften der DDR, Dietz Verlag, Berlin (Ost) 1974, Stichwort „Staatsform“, S. 335–337.
  2. Bernhard Marquardt: Rolle und Bedeutung der Ideologie, integrativer Faktoren und disziplinierender Praktiken in Staat und Gesellschaft der DDR. Bd. 3. In: Materialien der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur“. 9 Bde. in 18 Teilbänden, herausgegeben vom Deutschen Bundestag, Nomos Verlag, Baden-Baden 1995, ISBN 3-7890-4006-1, S. 379, 730, 1541; Günther Heydemann: Die Innenpolitik der DDR, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2003, ISBN 3-486-55770-X, S. 57.
  3. Offiziell war der Staatsrat der DDR das kollektive Staatsoberhaupt. Protokollarisch wurde aber der Staatsratsvorsitzende als Staatsoberhaupt angesehen.
  4. Gemäß dem am 5. April 1990 neu eingefügten Artikel 75a der Verfassung der DDR nahm „bis zur Verabschiedung eines Gesetzes über die Stellung, die Aufgaben und die Befugnisse des Präsidenten der Republik und bis zu seiner Wahl […] der Präsident der Volkskammer die Befugnisse des Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik wahr.“
  5. Wohnbevölkerung nach Geburtsjahren, Alter und Geschlecht. In: Statistisches Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik 1990, S. 389 (online).
  6. Vgl. dazu Peter Lerche: Der Beitritt der DDR – Voraussetzungen, Realisierung, Wirkungen. In: Josef Isensee, Paul Kirchhof (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Bd. VIII. Heidelberg 1995, § 194 Rn. 45, 47; vgl. auch Hans Hugo Klein in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. VIII, § 198, S. 560 f.
  7. Wolfgang Schäuble: Der Einigungsvertrag – Vollendung der Einheit Deutschlands in Freiheit. In: ZG, 1990, S. 289 (294).
  8. Siehe dazu etwa Martin Jander, Matthias Manrique, Barbara Strenge: DDR-Opposition in den 70er und 80er Jahren. Ein Beitrag zu Geschichte und Forschungsstand. In: Klaus Schroeder (Hrsg.): Geschichte und Transformation des SED-Staates: Beiträge und Analysen. Akademie Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-05-002638-3, S. 233; vgl. Werner Rossade: Gesellschaft und Kultur in der Endzeit des Realsozialismus. Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-09013-6, S. 26 ff.
  9. Arnd Bauerkämper: Ländliche Gesellschaft in der kommunistischen Diktatur. Zwangsmodernisierung und Tradition in Brandenburg nach 1945. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2002; Ralph Jessen: Akademische Elite und kommunistische Diktatur, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999; Bernd Faulenbach: Diktaturerfahrung und demokratische Erinnerungskultur in Deutschland. In: Annette Kaminsky (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Ch. Links, Berlin 2007, S. 18; Stefan Wolle: Lanzelot und der Drache. Skandal und Öffentlichkeit in der geschlossenen Gesellschaft der DDR am Beispiel der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann. In: Martin Sabrow (Hrsg.): Skandal und Diktatur. Formen öffentlicher Empörung im NS-Staat und in der DDR. Wallstein, Göttingen 2004, S. 217; Hubertus Knabe: Die feinen Waffen der Diktatur. Nicht-strafrechtliche Formen politischer Verfolgung in der DDR. In: Heiner Timmermann (Hrsg.): Die DDR – Erinnerung an einen untergegangenen Staat. Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 191.
  10. Vgl. hierzu: War die DDR ein „Friedensstaat“? – Extremismus, Konrad-Adenauer-Stiftung, 2023. Abgerufen am 21. Mai 2023.
  11. Siehe z. B. Erich Loest: Nikolaikirche, DTV, München, 12. Auflage, 2012, ISBN 978-3-423-12448-5.

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