Die Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus umfassen die systematische Ermordung von etwa 216.000 überwiegend stationär untergebrachten Menschen mit vermeintlich unheilbaren körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen ab 1939 im nationalsozialistischen Deutschland und den besetzten bzw. annektierten Gebieten.[1] Motive entsprangen der Nationalsozialistischen Rassenhygiene, Antisemitismus sowie kriegswirtschaftlichen Gründen und mit Humanexperimenten auch der wissenschaftlichen Neugier der Medizin im Nationalsozialismus.
Als Grundlage diente ein auf den 1. September 1939 datierter Auftrag Adolf Hitlers an den Reichsleiter und Chef der Kanzlei des Führers Philipp Bouhler sowie den Generalkommissar für das Sanitäts- und Gesundheitswesen Karl Brandt.
„die Befugnis namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustands der Gnadentod gewährt werden kann.“
Zwar gab es 1941 offiziell ein Ende der Tötungen, die aber 1942 durch die Aktion Brandt (30.000 Tote) oder den Hungerkost-Erlaß weitergeführt wurde, und als „wilde Euthanasie“ bezeichnet wird.
Im Rahmen der Aktion T4 wurden sechs Tötungsanstalten mit Gaskammern errichtet: Tötungsanstalt Brandenburg, Tötungsanstalt Bernburg, Tötungsanstalt Grafeneck, Tötungsanstalt Hartheim, Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein, Tötungsanstalt Hadamar. Auch 20.000 kranke und „nicht mehr arbeitsfähige“ KZ-Häftlinge wurden dort bis Ende des Krieges ermordet. In den besetzten Gebieten wurden Menschen erschossen, vergiftet und zum Teil das Personal der Krankeneinrichtungen gezwungen, nicht arbeitsfähige Insassen zu töten.
Den Alliierten war die Euthanasie-Aktion ab 1940 bekannt. Proteste kamen von Eltern der Betroffenen, einigen katholischen und evangelischen Kirchenvätern und einem deutschen Richter.
Die Aufarbeitung der Verbrechen dauert an; unmittelbar nach dem Krieg wurden Täter scharf verurteilt. Ab 1948/49 erhielten Täter als „Gehilfen ohne eigenen Willensentschluss“ aber schon mildere Strafen. Viele Prozesse folgten erst in den 1970er/1980er Jahren und etliche wurden wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt, sodass von 638 Verfahren nur 6,8 % rechtskräftig wurden.
Im Jahr 1983 erschien das Buch „Euthanasie“ im NS-Staat – Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“[2] von Ernst Klee, in dem das bis dahin wenig beachtete und tabuisierte Thema erstmals grundlegend aufgearbeitet wurde und das heute als Standardwerk gilt.
Ab 1987 setzte sich der Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten für Opfer ein. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) begann erst 2010 ihre Geschichte aufzuarbeiten.