Die indogermanischen oder indoeuropäischen Sprachen bilden mit etwa drei Milliarden Muttersprachlern die sprecherreichste Sprachfamilie der Welt. Die Bezeichnung „indogermanisch“ kann missverständlich sein: Sie soll die Grenzen des ursprünglichen Verbreitungsgebiets abstecken – jedoch ist die Mehrzahl der indogermanischen Sprachen weder germanisch noch indisch. Zu dieser Sprachfamilie gehören zum Beispiel auch die romanischen, slawischen, baltischen und keltischen Sprachen, Griechisch, Albanisch, Armenisch und Persisch. Ebenso wenig ist mit der Bezeichnungsvariante „indoeuropäisch“ gemeint, dass es sich um eine europäische Sprachfamilie handelt; ihre ältesten historischen Zeugnisse stammen von außerhalb Europas (Hethitisch und Vedisches Sanskrit). Allerdings stellt diese Sprachfamilie heute die Mehrzahl der Sprachen Europas.
Außerhalb der indoeuropäischen Familie stehen in Europa hauptsächlich: Ungarisch, Finnisch und Estnisch (die zur uralischen Sprachfamilie gehören), Türkisch, Tatarisch und weitere Turksprachen (die vom Balkan bis nach Russland vorkommen), Maltesisch (eine semitische Sprache), Tschetschenisch und die anderen nordostkaukasischen Sprachen, Kalmückisch (eine mongolische Sprache in Südrussland), und Baskisch (eine isolierte Sprache in Spanien und Frankreich), sowie daneben eine Anzahl von weiteren Regionalsprachen in Nord- und Osteuropa.
Die indogermanischen Sprachen zeigen untereinander weitreichende Übereinstimmungen beim Wortschatz, in der Flexion, in grammatischen Kategorien wie Numerus und Genus sowie im Ablaut. Als gemeinsamer Ursprung wird eine vorgeschichtliche indogermanische Ursprache angenommen, die in Grundzügen durch einen Vergleich der einzelnen Nachfolgesprachen rekonstruiert werden konnte. Die große Verbreitung dieser Sprachfamilie ist das Ergebnis von Völkerwanderungen im Laufe der Jahrtausende und zuletzt auch der europäischen Expansion seit dem 15. Jahrhundert.
Die Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die sich mit dieser Sprachfamilie und insbesondere ihrer Entstehung beschäftigt, heißt Indogermanistik.