Stand (Gesellschaft)

Kleriker, Ritter und Bauer, aus Image du monde, Nordfrankreich um 1285, Blatt 85[1]

Ein Stand (von lateinisch statūs, siehe dazu auch Status) war in den hierarchischen Gesellschaften des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa eine abgeschlossene gesellschaftliche Großgruppe, die durch rechtliche Bestimmungen, seien es Privilegien, oder Diskriminierungen, klar definiert war. Standesgrenzen zwischen verschiedenen Personen wurden in der Regel durch deren Herkunft bestimmt. Da mit Ausnahme des Klerus jede Person durch Geburt ihrem Stand angehörte, etwa dem Adel, dem Bürger- oder dem Bauerntum, wurde dieser auch als Geburtsstand bezeichnet.

Ständewesen und Ständeordnung entwickelten sich seit der Zeit der Karolinger aus der frühmittelalterlichen Ranggesellschaft[2] nach dem Vorbild des Römischen Reiches. Das Ständesystem war ein gesellschaftliches Ordnungsmodell, das anders als die von Karl Marx beschriebenen sozialen Klassen und die von Theodor Geiger in die Gesellschaftslehre eingeführten sozialen Schichten keine oder nur eine geringe soziale Mobilität zuließ. Diese Festschreibung sozialer Ungleichheit unterscheidet den Begriff Stand auch von modernen Bezeichnungen wie Sozialer Status oder Sozioökonomischer Status.

Im ideologischen Rückgriff auf die Ständeordnung des Ancien Régime strebten diverse antiliberale Theoretiker und Regimes des 20. Jahrhunderts, vorwiegend mit katholischem Hintergrund, die „ständische“, d. h. korporatistische Neuordnung der zeitgenössischen Gesellschaften als Ständestaat an.

  1. British Library
  2. Reinhold Kaiser: Das römische Erbe und das Merowingerreich. Oldenbourg Verlag, 2004.

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