Hagia Sophia

Hagia Sophia
Koordinaten: 41° 0′ 31″ N, 28° 58′ 48″ OKoordinaten: 41° 0′ 31″ N, 28° 58′ 48″ O
Ort Istanbul
(früher Konstantinopel)
Grundsteinlegung 23. Februar 532
Eröffnung 27. Dezember 537
Richtung/Gruppierung Römische Reichskirche (537–1054)
Orthodox (1054–1204)
Katholisch (1204–1261)
Griechisch-Orthodox (1261–1453)
Islam (1453–1931)
Museum (1935–2020)
• Islam (seit 2020)
Architektonische Informationen
Einzelangaben
Kuppeldurchmesser 31 m
Kuppelhöhe 56 m
Minarette 4

Die Hagia Sophia (vom griechischen Ἁγία Σοφία „heilige Weisheit“; türkisch Ayasofya) oder Sophienkirche befindet sich in Eminönü, einem Stadtteil im europäischen Teil Istanbuls. Die von 532 bis 537 n. Chr. erbaute ehemalige byzantinische Kirche wurde von 1453 bis 1935 – und wird wieder seit 2020 – als Moschee genutzt. Von 1935 bis 2020 diente sie als Museum (Ayasofya Müzesi, „Hagia-Sophia-Museum“).

Nach dem Niederbrennen zweier Vorläuferbauten verfolgte Kaiser Justinian mit dem Bau einer Kuppelbasilika im 6. Jahrhundert n. Chr. ein besonders ambitioniertes baupolitisches Programm. Sie ist dabei nicht nur die letzte der spätantiken Großkirchen, die seit Konstantin dem Großen im Römischen Reich errichtet wurden, sondern gilt in ihrer architektonischen Einzigartigkeit oft als eine Kirche ohne Vorbilder und ohne Nachahmung.[1] Die Kuppel der Hagia Sophia bleibt mit ursprünglich 33 Metern Spannweite bis zum heutigen Tage die größte über nur vier Tragepunkten errichtete Ziegel-Kuppel der Architekturgeschichte.[2] Sie gilt mit der gigantischen Umsetzung und den Proportionen und der besonderen Harmonie ihres Innenraums als eines der bedeutendsten Gebäude aller Zeiten.[3] Aufgrund ihres besonderen Baugefüges und der hier durch Isidor von Milet und Anthemios von Tralleis erstmals verwirklichten neuartigen Idee in der Durchdringung von Zentralraum und longitudinaler Basilika entstand ein Bauwerk, das die Grenzen der verfügbaren technischen Möglichkeiten der Spätantike auslotete. Sie ist eine der kühnsten Konstruktionen aus Menschenhand und eines der bedeutendsten Bauwerke der letzten 1500 Jahre.[4]

Als letztes großes und bei Weitem bedeutendstes Bauwerk der frühbyzantinischen Architektur und Kunst der Spätantike[5] wird sie in ihrer Funktion als zentralem Ort byzantinischer Herrschaftsrepräsentation als eine Verkörperung der byzantinischen Reichsidee gesehen und ist damit eines der wichtigen Schlüsselwerke für das Verständnis des kulturhistorischen Phänomens Byzanz.[6] Sie brachte zugleich ein neues Paradigma des Kirchenbaus hervor, das teils im Gegensatz zu seinen älteren Vorläufern stand und in der Folge einen der Grundpfeiler der christlichen Baukunst bilden sollte, der die Sakralarchitektur in Ost und West nachhaltig beeinflusst hat.[2][7] Die Hagia Sophia wurde nicht zuletzt als Ausdruck und Demonstration der kaiserlichen Macht Justinians gebaut: Indem sich in dem Bauwerk die Einzigartigkeit seines Auftraggebers und die Zurschaustellung seiner herausragenden Stellung manifestierten, bildet es auch den Anspruch, Justinians Gottesgnadentum in der irdischen Herrschaft über die christliche Welt zu zeigen, ab.[8] Die Hagia Sophia war die Kathedrale Konstantinopels, Hauptkirche des Byzantinischen Reiches sowie religiöser Mittelpunkt der Orthodoxie und ist heute ein Wahrzeichen Istanbuls. Ihre architektonischen Bedingungen waren ein zentraler Faktor für die Entwicklung der in ihr gefeierten spätantiken Liturgie und der liturgischen Musik.[9]

Als Krönungskirche der byzantinischen Kaiser (seit 641), als Kathedrale des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel und Ort wichtiger historischer Geschehnisse ist die Hagia Sophia in besonderer Weise mit der byzantinischen Geschichte sowie allgemein als universell gedachte Modellkirche der Hauptstadt der christlichen Oikumene, Konstantinopel, mit der Ideengeschichte des östlichen Christentums verbunden.[10] Geplant als Bau von universeller Bedeutung, blieb sie über die Zeit des Mittelalters auch ein universelles christlich-spirituelles Zentrum. Auf der rechten Seite des Naos symbolisiert das Omphalion daher auch die Mitte der Erde, den sprichwörtlichen „Nabel der Welt“. Ihr Bau und ihre Symbolkraft waren aber insbesondere für die orthodoxe Christenheit und das Reich von außerordentlicher Bedeutung. Daher gilt sie den meisten orthodoxen Christen noch heute als großes Heiligtum.

Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 wurden christliche Insignien, Inneneinrichtung, Dekorationen und Glocken der Hagia Sophia entfernt oder durch Putz verdeckt. Anschließend als Hauptmoschee der Osmanen adaptiert, hatte sie großen Einfluss auf die Entfaltung der osmanischen Baukunst. Die osmanischen Sultane des 16. und 17. Jahrhunderts lehnten die Moscheen in den großen imperialen Külliyen an das bauliche Vorbild der Hagia Sophia an. Hauptwerke wurden hier durch Sinan geschaffen. Allgemein ist die Hagia Sophia unter den bedeutenden frühchristlichen Sakralgebäuden trotz der islamischen Indienstnahme in rein architektonischer Perspektive heute weniger verändert als die großen frühchristlichen Basiliken Roms und Jerusalems.[11]

Auf Anregung Atatürks, des ersten Präsidenten der Türkei, beschloss der Ministerrat am 24. November 1934, die Moschee in ein Museum umzuwandeln. Am 10. Juli 2020 entschied das oberste Verwaltungsgericht der Türkei, dass die Hagia Sophia wieder als Moschee genutzt werden dürfe. Auf Anordnung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan wurde für das erste islamische Gebet der 24. Juli 2020 festgelegt.[12]

  1. Jörg Lauster 2012: Warum gibt es Kirchen? Rom – Jerusalem – Konstantinopel. In: Thomas Erne 2012 (Hrsg.): Kirchenbau. 23–33, Vanderoeck & Ruprecht, Göttingen. ISBN 978-3-525-56852-1, hier S. 30–31.
  2. a b Slobodan Ćurčić: Architecture in the Balkans. From Diocletian to Süleyman the Magnificent. Yale University Press, New Haven und London 2010, S. 195ff.
  3. Jörg Lauster 2012: S. 31.
  4. Christoph Duppel: Ingenieurwissenschaftliche Untersuchungen an der Hauptkuppel und den Hauptpfeilern der Hagia Sophia in Istanbul. 2010, abgerufen am 11. Februar 2023.
  5. Slobodan Ćurčić: Architecture in the Balkans. S. 192.
  6. Hagia Sophia – Fachgebiet Klassische Archäologie – Technische Universität Darmstadt. 7. September 2016, archiviert vom Original am 7. September 2016; abgerufen am 11. Februar 2023.
  7. Georg Ostrogorsky: Byzantinische Geschichte 324–1453. Unveränderter Nachdruck. C. H. Beck, München 1996, S. 49.
  8. RTS PLANETA. Abgerufen am 11. Februar 2023.
  9. Bissera V. Pentcheva: Liturgy and Music at Hagia Sophia. In: Oxford Research Encyclopedias, Religion. 2016, doi:10.1093/acrefore/9780199340378.013.99.
  10. NEW JERUSALEMS IN THE BALKANS. TRANSLATION OF SACRED SPACE IN THE LOCAL CONTEXT. Abgerufen am 11. Februar 2023.
  11. Lauster 2012: S. 31.
  12. Einst Kirche und Museum – Hagia Sophia kann wieder als Moschee genutzt werden. 10. Juli 2020, abgerufen am 11. Februar 2023.

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